Buchbesprechung

Winker, Gabriele (Hrsg.): Telearbeit und Lebensqualität zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Frankfurt, New York: Campus, 2001, 228 Seiten, € 25,50

Im Oktober 2001 erschien im Campus-Verlag ein Sammelband unter der Herausgeberschaft von Gabriele Winker zum Thema "Telearbeit und Lebensqualität. Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie."

In diesem neuen Sammelband zur Telearbeit werden empirische Forschungsergebnisse und Praxiserfahrungen zusammengetragen, die der Frage nachgehen, inwieweit alternierende Telearbeit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen kann. Je mehr Telearbeit von einer Sonderform der Erwerbsarbeit für immer mehr Beschäftigtengruppen zur Normalität wird, umso wichtiger ist die Frage nach den Auswirkungen und den Gestaltungsmöglichkeiten dieser technologisch bedingten Veränderung der Arbeitswelt auf die Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen und Männern. Offensichtlich werden bei der alternierenden Telearbeit die alten Grenzen brüchig zwischen der vornehmlich von Männern ausgeübten bezahlten Erwerbsarbeit im Unternehmen und der unbezahlten Familienarbeit zu Hause, die Frauen zugeordnet ist. Die zentrale Fragestellunge des neuen Buches ist, was aus dieser Entwicklung für die geschlechtshierarchische Arbeitsteilung folgt und wie Telebeschäftigte als Pioniere und Pionierinnen der neuen Arbeitsformen mit dieser ungewohnten Situation umgehen. Dabei wird im ersten Teil sowohl nach möglichen Arbeitserleichterungen von doppelbelasteten Müttern gefragt als auch nach Chancen für ein Aufbrechen der traditionellen familiären Geschlechterarrangements. Im zweiten Teil des Buches stehen Handlungsperspektiven und Umsetzungsstrategien für eine familiengerechte Telearbeit im Vordergrund der Beiträge.

Im ersten Aufsatz wird von Bettina Maus und Gabriele Winker auf der Grundlage einer empirischen Untersuchung von 214 Telebeschäftigten aufgezeigt, wie sich mit häuslicher Telearbeit Beruf und Familie zeitlich besser vereinbaren lassen und inwieweit sich durch Telearbeit die Arbeitsaufteilung zwischen den (Ehe-)Partnern ändert. Der Aufsatz von André Büssing basiert auf Ergebnissen des Projektes "Telearbeit und Qualität des Arbeitslebens", das sowohl die Veränderungen in den Rahmenbedingungen von Erwerbsarbeit und Privatleben als auch die Einflüsse analysiert, die diese Veränderungen auf die Betroffenen haben. Im Aufsatz von Norbert Kordey und Tanja Schubert werden die 1999 im europäischen Projekt ECaTT - Electronic Commerce and Telework Trends - erhobenen Daten aus einer repräsentativen Beschäftigungsbefragung geschlechterspezifisch neu ausgewertet. Anhand einer europaweiten Befragung freiberuflicher Telearbeiter und Telearbeiterinnen geht Ursula Huws der Frage nach, wie sich Telearbeit bei Selbstständigen auf die Geschlechterrollen auswirkt, wie informelle Vereinbarungen mit Familienmitgliedern einerseits und Absprachen mit dem Auftraggeber andererseits praktiziert werden und welche Konflikte und Widersprüche sich daraus ergeben.

Mit der Notwendigkeit zur Gestaltung von alternierender Telearbeit setzen sich die Aufsätze im zweiten Teil des Buches schwerpunktmäßig auseinander. Anne Glade hat im Rahmen einer Studie für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf der Grundlage von Intensivinterviews mit Beschäftigten und Unternehmensvertretern Handlungsleitlinien für die Einführung von Telearbeit erarbeitet. Barbara Stiegler geht auf das Gender Mainstreaming als neue geschlechterpolitische Strategie ein und zeigt auf, wie bei der Einführung von Telearbeit dieses Prinzip genutzt werden kann. Einen bundesweit einmaligen Modellversuch Telearbeit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Hessischen Landesverwaltung stellt Heike Gumpert vor. Dort gibt es die Festlegung, dass an dem Modellversuch nur Beschäftigte teilnehmen können, die Kinder zu betreuen oder Angehörige zu pflegen haben und dass hierbei auf ein "ausgewogenes Verhältnis" von Männern und Frauen zu achten sei. Abschließend plädiert Gabriele Winker für eine möglichst weitgehende individuelle Ortssouveränität für Frauen und Männer, die technisch sinnvoll unterstützt wird. Um dies zu erreichen, sollte ein Anspruch der Beschäftigten auf Telearbeit in Tarifverträgen oder Gesetzen verankert werden.

Mit dieser Übersicht wird deutlich, dass der Fokus der im Buch "Telearbeit und Lebensqualität" versammelten Aufsätze auf der Frage liegt, wie die Lebensqualität von Frauen und Männern über alternierende Telearbeit beeinflusst wird. Mit den Aufsätzen in diesem Buch soll darauf verwiesen werden, dass ein ganz wichtiger Bestandteil von Lebensqualität die Option ist, die beiden zentralen Lebensbereiche von Erwerbsarbeit und Familienarbeit besser verzahnen zu können. Danach hängt subjektives Wohlbefinden ganz entscheidend davon ab, inwieweit es für Individuen Handlungsspielräume in beiden Bereichen gibt und die Einzelnen auch Kompetenzen erworben haben, um diese Spielräume für sich nutzbar zu machen. Allzu oft werden Beruf und Familie getrennt untersucht. Hier wird ein Beitrag geleistet, Erwerbs- und Familienarbeit zusammenzudenken.